#Kraft(W)Ort Nr. 60

Entscheidungen lieben die Morgendämmerung.

„Ich habe mir den ganzen Tag und die halbe Nacht den Kopf darüber zerbrochen, was ich tun soll, welche Entscheidung die richtige ist. Ich weiß nicht mehr weiter.“

Diesen Satz höre ich ganz oft von meinen Klienten, die nach langem Hin und Her, also nach unzähligen ganzen Tagen und halben Nächten meinen Rat suchen.

In solchen Fällen, ganz gleich um welches Problem es sich handelt, weise ich als erstes immer auf zwei Dinge hin, die eine Entscheidungsfindung besonders erschweren.

Das ist zum einen die Tageszeit, „ganzen Tag und halbe Nacht“, und zum anderen das Thema „den Kopf zerbrochen“.

1. Die beste Zeit, um eine Entscheidung zu treffen, ist Morgens, kurz nach dem Wachwerden.
Es ist dieser Dämmerzustand zwischen Schlaf und Wachsein, in dem wir den besten Zugang zu unserem Unterbewusstsein, die meiste Klarheit haben.
In dieser Zwischenwelt, zwischen Traum und Realität ist unser Bauchgefühl, unser Instinkt, unsere Intuition am stärksten.

Wir sind noch nicht abgelenkt von Nachrichten, Handy, Job, Familie usw. Die Sorgen von gestern sind noch nicht wieder richtig in unserem Bewusstsein angekommen.
Es fühlt sich an, als wären wir ein unbeschriebenes Blatt, alles ist offen und alles ist möglich.

Es ist auch die Zeit, in der wir außerordentlich kreativ sind, die besten Ideen haben und wie von Zauberhand ganz leicht eine Entscheidung treffen.
Und dass es die richtige ist, fühlen wir einfach. Es gibt keinen Zweifel.

Warum wir Abends keine wichtigen Entscheidungen treffen sollten, liegt unter anderem daran, dass unser Gehirn zu müde und überlastet ist; unser Kopf ist voll mit zu vielen Informationen, zu vielen (negativen) Erlebnissen, zu vielen Gedanken.

2. Sich den „Kopf zerbrechen“ bedeutet, wenn wir uns das mal bildlich vorstellen, dass wir unseren Kopf in viele Teile zerlegen und sie dann irgendwie versuchen wieder zusammenzulegen.

Das heißt, wir legen alle verfügbaren Informationen wie zerbrochene Scherben auf den Tisch und versuchen sie wieder zusammenzukleben. Klingt sehr anstrengend und nicht wirklich sinnvoll.

Wir können 1000 Argumente für oder gegen eine Sache finden und trotzdem gäbe es noch 5000 weitere Für und Dagegen, das Gedankenkarrussel hört nie auf.

Natürlich braucht es zu dem morgendlichen Bauchgefühl auch ein paar ganz klare und kluge Gedanken, es geht nicht darum den Kopf komplett auszuschalten. Allerdings bin ich der Meinung, dass die meisten Menschen leider verlernt haben, auf ihre Intuition zu hören. Hier darf noch ein bisschen geübt werden.

Daher meine Empfehlung: Gehe abends mit dem (ungelösten) Problem schlafen, gib es ab an die Nacht und vertraue darauf, dass sich am nächsten Morgen die richtige Entscheidung zeigen wird.
Sie wird da sein, ganz sicher.

Oder Du machst es wie der Protagonist in meinem Buch, das ich gerade lese und das mich zu diesem Kraft(W)Ort inspiriert hat.

„Am Abend dachte er nach. Er traf seine Entscheidung und schlief darüber, und als er am Morgen erwachte, hielt die Entscheidung dem Licht des Tages stand.“

Aus: „Was der Fluss erzählt“ von Diane Setterfield