Seelenfrage Nr. 22

  • * Kurze Anmerkung vorneweg: Ich war wirklich, wirklich sehr bemüht, mich kurz zu fassen, aber ich denke, dass die Erkenntnisse und Tips zu meinem heutigen Thema für manche von Euch wichtig sein könnten. Also, schon mal vielen Dank fürs Lesen, Fragen und Kommentieren 🙏😊 Und los geht’s:

#Seelenfrage Nr. 22💫💞

Was tut man, wenn man prokrastiniert?
Und was hat das mit Marshmallows zu tun?

Zur ersten Frage: Menschen prokrastinieren schon seit Jahrtausenden. Prokrastinieren, also Dinge aufschieben ist keinesfalls ein zeitgenössisches Problem, sondern ein zeitloses.

Sogar die Gelehrten Aristoteles und Sokrates kannten dieses Phänomen – ihr Begriff dafür lautete: Akrasia. Akrasia bedeutet gegen sein besseres Wissen zu handeln, also eine Sache tun, obwohl man eine andere, wichtigere tun sollte.
Der lateinische Ursprung liegt in pro + cras und bedeutet vertagen (auf morgen vertagen).

Prokrastination oder neudeutsch Aufschieberitis, ist eine Art Kraft, die uns daran hindert, das zu erledigen, was wir uns vorgenommen haben oder dringend tun sollten.

Soweit die Erklärung. Aber was passiert in unserem Gehirn, wenn wir prokrastinieren?

Nun, das menschliche Gehirn hat die Tendenz unmittelbare Belohnungen höher zu bewerten als zukünftige. Beispiel: Wir wissen, dass wir schon in der Jugend fürs Alter sparen sollten, kaufen uns aber trotzdem das neueste Handy und 10 neue Pullis.

Der Autor James Clear erklärt in seinem Buch „atomic habits“ dieses Phänomen so, dass wir zwei „Selbst“ oder „Ich“ haben. Es gibt das Gegenwart-Ich und das Zukunfts-Ich.
Das Zukunfts-Ich kann Pläne machen und sich Ziele setzen.
Aber nur das Gegenwarts-Ich kann handeln.
Das ist sehr wichtig zu wissen: wir können nur in der Gegenwart Entscheidungen treffen und handeln.

Das Problem ist nur, dass unser Gehirn sofortige Belohnungen lieber mag als langfristige, die in der Zukunft liegen.

Zum Thema sofortige Belohnung gibt es übrigens einen berühmten Versuch mit Kindern, den Marshmallow-Test. Bei dieser Studie wurde Kindern ein Marshmallow vorgesetzt mit dem Versprechen, dass sie einen zweiten Marshmallow haben könnten, wenn sie mit dem Verzehr des ersten warten können, bis der zweite kommt. Die meisten Kinder haben es geschafft, allerdings unter entsetzlichen Qualen. Ihre Gesichter und ihr Verhalten während der Wartezeit, einfach köstlich 😅
Das Video findest Du am Ende es Textes.

Also, unser Gehirn schätzt langfristige Vorteile, die in der Zukunft liegen, aber es LIEBT die sofortige Befriedigung. Du kannst Dir also vornehmen, auch im Alter fit und gesund zu sein, aber jetzt gerade befriedigt Dich eine Tüte Chips auf der Couch mehr; es macht einfach glücklicher (für den Moment).

Also geht es um das Heute und das Morgen. Zukünftige Belohnungen befriedigen nicht das gegenwärtige Selbst.

Doch wie findet man nun den Weg, zukünftige Belohnungen auf den gegenwärtigen Moment zu verlagern?Sicherlich kennst Du eine solche Situation aus Deiner Studienzeit oder Deinem Beruf: Du hast 8 Wochen Zeit, um ein Referat, einen Bericht oder Artikel abzugeben. Wann fängst Du an? Vermutlich 1 Woche oder sogar 3-4 Tage vorher.

Das liegt daran, dass zu Beginn der 8 Wochen die Zukunft noch sehr weit weg ist und eine sofortige Belohnung noch ganz weit in der Ferne liegt. Wenn aber das Abgabedatum immer näher rückt, kommt das Heute auch dem Morgen näher und die Belohnung natürlich auch. Also, beginnen wir zu handeln. Siehe oben: wir können nur im Heute handeln.

Der Trick besteht also darin, zukünftige Belohnungen oder Konsequenzen ins Heute zu bewegen. Sobald wir in Aktion treten, lässt dann auch der „Schmerz“, sprich die Belastung durch das Aufschieben nach.

Wichtig ist, sich klar zu machen, dass der Schmerz/die Belastung beim Aufschieben viel stärker ist, als der Schmerz, wenn wir mit der Arbeit beginnen.
Die Scham, Angst, Schuld, die wir während des Aufschiebens empfinden ist weitaus schlimmer als die Anstrengung während des Handelns.
Das Problem ist nicht die Arbeit zu TUN, sondern mit der Arbeit zu BEGINNEN.

Um mit dem Prokrastinieren/Aufschieben aufzuhören, müssen wir es unserem heutigen Selbst so leicht wie möglich machen, zu beginnen und darauf zu vertrauen, dass die Motivation von alleine kommt.
Und sie wird kommen, denn Motivation, Lust und Spaß kommen nach dem Start, nicht vorher.

Hier ein paar Tipps, wie Du ins Starten kommen kannst:

1. Vorteile des Handelns ins Jetzt bringen
Ein Verhalten, das langfristig gut für mich ist, mit einem bündeln, das sich kurzfristig gut anfühlt.
Grundidee: Tue nur was Du liebst, während Du tust, was Du aufschiebst.
Beispiel: Schaue nur Deine Lieblingsserie (was Du liebst), während Du bügelst (das, was Du aufschiebst.)
oder höre nur Hörbücher (das, was Du liebst) während Du spazieren oder laufen gehst (das, was Du aufschiebst).

2. Die Konsequenzen der Aufschiebung ins Jetzt bringen.
Wenn Du zum Beispiel immer nur alleine trainieren gehst, ist es nicht schlimm, das Training immer wieder mal ausfallen zu lassen. Die Konsequenzen sieht man ja nicht gleich, sondern erst in Jahren.
Wenn Du Dich aber jeden Freitag Morgen um 8 Uhr mit einem Freund zum Training triffst, wirst Du mit Sicherheit nicht so schnell absagen.

3. Gestalte die Aufgabe erreichbarer

a) Überlege Dir eine 2 Minuten-Regel oder Gewohnheit, die Dir den Einstieg ins Arbeiten leichter macht und Dich schneller an den Start bringt.
Zum Beispiel: Ich ziehe meinen Lieblingspulli an, mache meine Lieblingskerze und/oder Lieblingsmusik an und beginne an meinem Bericht zu schreiben.

b) Weiterhin planst Du erstmal nur 15 Minuten Arbeit ein.Das nimmt etwas den Schrecken vor dem „Mammut-Projekt“. Wenn Du nach 15 Minuten immer noch weiter machen willst, dann tust Du es und wenn nicht, dann hörst Du auf und beginnst in einer Stunde oder am nächsten Tag wieder.Auf jeden Fall hast Du auch nach nur 15 Minuten einen schönen Erfolgsmoment, weil Du überhaupt angefangen hast.

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Wenn Du bis hierher gelesen hast, dann Danke ich Dir schon mal für Deine Ausdauer und freue mich über Dein Interesse an dem Thema Prokrastination. Falls Du noch mehr Techniken, Tipps und Tricks lernen möchtest, wie Du erfolgreich Deine Aufschieberitis loswerden kannst, dann melde Dich und wir arbeiten gemeinsam an Deiner ganz persönlichen und individuellen Strategie.

Ich freue mich auf Deine Nachricht.
Terminvereinbarungen für ein Beratungsgespräch/Coaching bitte per e-Mail an: brigitte@ciraudo.de Beratungsgespräche können persönlich oder virtuell stattfinden.

©️ Brigitte CiraudoPsychologische Beratung & Personal Coaching