#KaffeeSatz Nr. 47

Der einzige Trost, der uns beim Sterben begleiten kann,
ist das Wissen, dass wir gut gelebt haben.

Irvin D. Yalom

Letzte Woche habe ich eine Klientin auf der Palliativ-Station besucht.
Ich war vorher noch nie auf einer Palliativ-Station oder in einem Hospiz – glücklicherweise.
Ich wußte, dass eine Palliativstation die Abteilung eines Krankenhauses ist, die spezialisiert auf die Behandlung und Betreuung Schwerstkranker ist.

Ich versuchte, soweit möglich, emotional unvorbelastet da ‚reinzugehen.


Vor der dem Gebäude war ein schöner wilder Garten mit verschiedenen Sitz- oder Liegemöglichkeiten, einer Pergola und lauschigen Ecken. Ganz hübsch und liebevoll gemacht. Aber es war niemand draußen, trotz schönstem Herbstwetter.
Ich versuchte mich daran zu erinnern, dass hier Schwerkranke liegen, wie sollten sie denn in den Garten kommen. Aber für wen war der Garten denn da? Für die Angehörigen?

Ich betrat die Station und lief (natürlich) erst mal in die falsche Richtung. Mein Jüngster meinte: „Mama, das ist ein Naturgesetz! Man läuft im Krankenhaus immer erstmal in die falsche Richtung!“
OK 🙄

Die Türen auf dem Flur standen alle offen und ich schaute in jedes Zimmer, weil ich meine Klientin suchte.

Und ja, da lagen Sterbende in ihren Betten und waren scheinbar weder in dieser noch in der anderen Welt. Vielleicht warteten manche darauf, endlich gehen zu dürfen.
Aber vielleicht hingen manche auch noch an ihrem Leben! Vielleicht hätten sie alles darum gegeben noch einmal in diesen Garten vor der Station zu gehen oder einen Spaziergang durch das bunte Herbstlaub zu machen, das Laub unter ihren Füßen rascheln zu hören. Nur einen Fuß vor den anderen setzen zu können.

Vielleicht sehnen sie sich auch nach ganz anderen Dingen und bereuen, was sie alles im Leben versäumt haben. Man bereut eher die Dinge, die man nicht getan hat im Leben.

Ich verließ mit ganz vielen gemischten Gefühlen das Krankenhaus. Es war alles dabei: Mitgefühl, Traurigkeit, Respekt, aber auch ganz viel Dankbarkeit.

Ich war dankbar dafür, dass ich (körperlich) in der Lage war aufzustehen und zu gehen! Ich war in der Lage in die goldene herbstliche Abendsonne hinauszugehen und sie auf mein Gesicht scheinen zu lassen.

Ich war in der Lage, in mein Auto zu steigen, nach Hause zu fahren und für meine Familie ein leckeres Abendessen zu kochen. Ich war unendlich dankbar, mit meinen Jungs zusammenzusitzen, mit ihnen zu sprechen und zu lachen. Ich war einfach nur dankbar für mein Leben und überhaupt am Leben zu sein.

Interessanterweise tauchte Abends beim Lesen der letzten Seiten der Biographie von Irvin D. Yalom dieser Satz auf:

„Der einzige Trost, der uns beim Sterben begleiten kann, ist das Wissen, dass wir gut gelebt haben.“

Dieser von mir zutiefst bewunderte Psychotherapeut hat jahrelang schwerkranke sterbende Patienten begleitet, sowohl in Einzel- als auch in Gruppentherapie. Er weiß also, wovon er spricht.

Wir sollten uns also darauf besinnen, was wir bereuen und gleichzeitig versuchen ein Leben ohne Reue zu führen.

🍂🍁🍂

Und jetzt gehe ich raus zu einem Herbstspaziergang!
(Sonst bereue ich heute Abend noch, dass ich es nicht getan habe 😉)

***

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